Günther Worth : »Still China«

Die Weinerei Ostermayr Passage | Königstraße 33-37, 90402 Nürnberg
Eröffnung: Donnerstag, 5. November 2015, 20.00 Uhr
Ausstellungsdauer: 6. November 2015 bis 28. November 2015

Wann sind Sie zum letzten Mal in tiefe Betrachtung versunken? | Im Stroboskoplicht der uns umgebenden Bildschirme und Smileys, im Kugelhagel der ploppenden Messengertöne? | Existiert alles nur noch auf Abruf? | Wird die Wirklichkeit bald durch ein weiteres Update ersetzt?

Der Fotograf Günther Worth (*1987) spürt dem Wandel von Wahrnehmung nach – und bemüht sich um eine beinahe archaische Opposition zum Zeitgeistflattern. Statt Selfiestick verwendet er selbstgebaute Großformat- und Lochkameras. Und während andere ihre Bilder auf Facebook laden, entwickelt er seine Fotografien in einer Dunkelkammer, die eigentlich sein Badezimmer ist.

Was womöglich befremdlich anmutet, ist die von Worth geschaffene Synthese aus einem bewussten Umgang mit der Fotografiegeschichte und der visuellen Reizüberflutung des 21. Jahrhunderts. Aber das Anliegen und die Bilder von Günther Worth sind weder unzeitgemäß noch zeitgeistig. Vielmehr schärft sich sein Blick in der Befreiung von den vermeintlichen Zwängen des technischen Fortschritts. Die Gegenwart offenbart sich dem, der sie studiert – und nicht dem, der die Gegenwart mit ihren medialen Spiegelungen verwechselt. Der Blick auf den Handybildschirm ist kurz, demnach auch der Betrachtungswinkel beziehungsweise der Wahrnehmungsradius klein.

Während eines China-Aufenthaltes im Jahr 2014 erschuf Günther Worth einen umfangreichen, intimen Zyklus an Fotografien, der nun unter dem Namen »Still China« erstmals öffentlich präsentiert wird. Die ebenso überlegte wie empathische Arbeitsweise des Künstlers lenkt den Blick auf den Kontrast zwischen aufgemotzten Megacities und unbedarften Dörfern, zwischen Finesse und Fortschritt, zwischen Tradition und Stillstand, zwischen Turbokapitalismus und seinen Auswirkungen; und letztendlich auch auf die Abgründe der Zeit.

Es sind keine Bilder, die aufgeregt Augenblicken hinterher hetzen, um einzufangen, was nicht einfangbar ist. Es sind Bilder, die sich auf das Fremde und dessen Beschaffenheit einlassen und mit ungewöhnlichen Mitteln unsere Gegenwart portraitieren – in einem Land, das einem radikalen technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel unterworfen ist.

Parallel zur Ausstellung ist das Künstlerbuch »Still China« in einer Auflage von 12 nummerierten und signierten Exemplaren erschienen. Es beinhaltet 15 Originalfotografien (Silbergelatineabzug auf Barytpapier) von Günther Worth im Format 26,8 x 19,8 cm, sowie den Text »Die Unendlichkeit nach dem Aufwachen« von Joshua Groß.

Eine Ausstellung in der Weinerei mit freundlicher Unterstützung des Instituts für moderne Kunst Nürnberg.